Ein Zertifikat für Umweltmanagement
Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen
Im Frühjahr 2020, kurz vor Beginn der Pandemie, kam unter den Kolleg*innen der Wunsch nach größerem Engagement für Klima- und Umweltschutz auf. Viele stellten privat Stellschrauben für einen weniger großen CO2-Fußabdruck und wollten die Arbeit im Job weiterführen. Eigentlich fühlten wir uns schon halbwegs “gut” in unserer persönlicher Nachhaltigkeit bei F7. Wir versuchten Müll zu vermeiden, stellten die Buchhaltung auf möglichst papierlose Arbeit und das wenige restliche Büromaterial auf mehrfach zertifizierte Produkte (besonders der Blaue Engel) um. Als Softwareschmiede gibt es weder Produktionsabfall noch Verpackungen, die zu optimieren wären. Wir wollten mehr machen, doch wussten nicht wie. Bei einem Meeting warfen alle Kolleg*innen ihre Wünsche und Ideen dazu in einen Topf: Das Klima schützen, CO2-Ausstoß reduzieren, ein Vorbild sein, Diversität leben und natürlich hinterher damit werben können.
Dazu brauchte es Hilfe von außen.
Ein Kooperationsprojekt Namens Ökoprofit
Auf der Suche nach Möglichkeiten, unsere ökologischen Bemühungen in ein schickes Zertifikat zu gießen, nahmen wir den für uns üblichen Weg: Hörensagen, sowie Kunden- und Kolleg*innen-Empfehlung. Dabei stolperten wir über ÖKOPROFIT, was besonders für die Buchhaltung sehr verheißungsvoll klang. Zwar steht das Ganze für „ÖKOlogisches PROjekt für Integrierte UmweltTechnik“ aber was schadet es, wenn man daraus (neben dem Gefühl etwas Gutes für Umwelt und Klima zu tun) noch etwas Positives (also Profit) ziehen könnte? Und sei es nur die Option, Kunden einen belegten Mehrwert an Nachhaltigkeit bieten zu können.
Das einjährige Programm kooperiert mit Städten und Gemeinden und nimmt die Unternehmen durch mehrere persönliche Beratungen und Workshops an die Hand. So lernt man mit der Unterstützung von Profis (in unserem Fall übernahm die Betreuung Ökopol), tauscht sich mit den anderen Teilnehmern aus und dreht über die Laufzeit des Projektes an den unterschiedlichsten Stellschrauben. Mitmachen kann jeder Betrieb, unabhängig von Größe, Umsatz oder Branche. Am Ende gibt es einen Ortstermin, bei dem man “geprüft” wird.
Wir haben uns sofort angemeldet.
Corona und Ökoprofit
Plötzliche Kontaktbeschränkungen und Lockdows verlegten die eigentlichen Präsenzworkshops schnell ins Internet, mit je nach Teilnehmender mehr oder weniger technischem Verständnis. Also quasi wie überall in der Zeit. Für uns waren die Onlinekonferenzen etwas enttäuschend, hatten wir doch auf Networking mit den Mitstreitern gehofft. Denn generell ist ÖKOPROFIT mehr Community als Einzelstreiter-Programm. Selbst nach dem Zertifikat treten viele Unternehmen in den dazugehörigen Club ein, der neben regelmäßigen Fachvorträgen vorrangig Vernetzungsmöglichkeiten bietet.
Strahlend berichten Absolventen des Programms von ihren Durchgängen und gewonnenen Erkenntnissen und laden freudig alle zu sich ins Unternehmen ein. Wir sind hier doch in keine Sekte geraten, oder?
Die Workshops im Kurs beinhalteten ebenfalls Vorträge, die neben den reinen Informationen Hilfestellungen zu dem Berg an Papierkram geben sollten, die mit dem Projekt einher kamen. Können wir ein Monitoring der Mülltrennung erarbeiten? Wie viele Kollegen kommen was für eine Strecke zur Arbeit? Und welche Kennzahlen lassen sich durch unseren Stromverbrauch erstellen?
Schwierigkeiten traten dort auf, wo wir einfach noch nie etwas gezählt und aufgelistet hatten - Papierverbrauch, Entwicklung der Heizkosten im Verhältnis zu der Zahl der Kolleg*innen - und im COVID-Homeoffice plötzlich alles anders war. Wie listet man Abfallmengen der letzten Jahre auf, wenn man nicht mal die Möglichkeit hat den aktuellen Verbrauch zu Rate zu ziehen?
Betacodex trifft Ökoprofit
Das Programm von ÖKOPROFIT ist für jede Art von Unternehmen geeignet, vorrangig jedoch auf Alpha zugeschnitten. Wir arbeiten seit unser Transformation anders, was einige Arbeit im Durchlauf vereinfachte, nur bei der Dokumentation des auszufüllenden Papierkrams für graue Haare sorgte. Denn schließlich haben wir regelmäßige Kommunikation mit allen Kolleg*innen und jeder war von Anfang an grob über unsere Nachhaltigkeitsbemühungen im Bilde. Die unabhängigen Teams kontrollieren sich selbst und dreht normalerweise die eigenen Stellschrauben. Das ist in der Alltagsarbeit bei der Entwicklung von Webseiten nicht anders als beim Umweltmanagement. Allerdings waren wir jetzt unter anderem gezwungen “Projektleiter” und dazugehörige “Zuständige und Stellvertreter” zu benennen, was so eigentlich in unserer Unternehmensform keinen Sinn machte. Einladungen zu Unternehmensansprachen, Terminlisten für Ankündigungen und Unterschriften der Zuhörer bei Verkündigungen des Projektes haben wir dann schlicht übergangen. Wir wollten Nachhaltigkeit, keine Überbürokratie, die uns keinerlei Mehrwert geboten hätte.
Nachhaltigkeit ist Arbeitsschutz
Ein großer Bereich bei ÖKOPROFIT betrifft den Arbeitsschutz. Schließlich ist Nachhaltigkeit nicht nur auf Klima und Umwelt bezogen. Und entgegen erster Annahmen war dieser Bereich derjenige, der für uns die meisten Änderungen gebracht hat. Und ja, das ist uns ein bisschen peinlich.
Es ist natürlich nicht so, dass wir den Kolleg*innen vorher ein unsicheres Umfeld geboten hätten. Wir sind und waren gut ausgestattet an Feuerlöschern und Ersthelfern, haben einen Erste-Hilfe-Kasten und achten auf Beleuchtung und Co. Aber leider hatten wir nur eine sehr rudimentäre Ahnung von Analysen von Büroarbeitsplätzen und so gut wie keine von unseren Gefahrstoffen, aka Spülmaschinentabs.
Die Gefahren einer Softwareagentur
Selbst bei (irgendwann wieder möglichen) rauschenden Office-Feiern wird vermutlich niemand auf die Idee kommen, in einen Tab zu beißen, den Kaffeemaschinenentkalker zu trinken oder sich den Whiteboard-Reiniger in die Augen zu reiben. Nur geht es im Arbeitsschutz nicht um gesunden Menschenverstand. Und ehrlich: Seit der Corona-Pandemie kann man täglich sehen, dass gesunder Menschenverstand nichts ist, auf das man sich verlassen sollte.
Daher besitzen wir nun nicht nur alle Analysen, die richtigen Datenblätter, Gefahrstoffbuch und Schutzbehälter, sondern dokumentieren die Belehrungen dazu ausführlich. Unsere Putzmittel wurden auf umweltfreundlichere Stoffe umgestellt, die weniger “Gefahrstoff” sind als vorher und neben besserem Umweltschutz weniger Papierkram bedeuten. Jetzt sorgt die Ansage zur richtigen Benutzung der F7-eigenen Leiter zwar regelmäßig für Belustigung, wir sind in Sachen Arbeitsschutz aber absolut sicher, nichts mehr falsch zu machen. Und DAS hätten wir von einem Nachhaltigkeitsprogramm nicht unbedingt erwartet.
Unsere Änderungen durch das Programm
Die Stadt Hamburg, die Kooperationspartner des ÖKOPROFIT-Programms ist, preist mögliche Einsparungen für die teilnehmenden Unternehmen an. Austausch der Elektrik rechnen sich irgendwann, die Solaranlage auf dem Dach ebenso. Dämmung der Außenwände vermindert Emissionen wie Heizkosten. Für ein kleines Unternehmen wie F7, als Mieter im Mehrparteinhaus und ohne greifbare Produktion, ist dort nicht wirklich viel zu holen. Unsere Stellschrauben waren kleiner, kosten mehr als sie finanziell bringen und wurden teilweise im Unternehmen kontrovers besprochen. Wir haben die Mülltrennung überarbeitet (und sehen nach Corona irgendwann, ob es so überhaupt funktioniert), sind noch kritischer bei den verwendeten Materialien, Stromanbieter und anzuschaffenden Elektrogeräten. Andere Ideen wurden verworfen oder stehen für die Zukunft an (wie eine Lademöglichkeit für Elektroautos am Garagenstellplatz).
Ich möchte aber kein Schleifpapier auf den Toiletten!
Die Durchflussbegrenzer an den Wasserhähnen sparen nicht viel aber schließlich zählt jedes Engagement. Und wie wir es mit regionalen, biologischen Lebensmitteln und generell dem im Büro verzehrten Dingen halten, wird sich erst mit der Zeit zeigen, wenn mehr der Kolleg*innen aus dem Homeoffice zurück kommen.
Nicht am Ziel
Irgendwo ist natürlich eine Grenze. Ein Austausch aller der vom Vermieter eingebauten und selten genutzten Neonröhren würde viel Geld kosten und sich erst in 30 Jahren finanziell rechnen. Und die Entwickler*innen sollen das für ihre Bedürfnisse beste Arbeitsgerät bekommen, obwohl die Fair-Varianten sicher für das Klima nachhaltiger wären. Vielleicht ändert sich das in ein paar Jahren? ÖKOPROFIT ist ein Weg und kein Ziel.
Ja, wir besitzen jetzt ein schönes Zertifikat und sind gleichzeitig mit dem Abschluss Umweltpartner der Stadt Hamburg geworden. Doch durch den ÖKOPROFIT-Club und Möglichkeiten der Neuzertifizierung (Es läuft nichts ab aber die Jahreszahl ist groß auf der Urkunde) werden die Teilnehmer angeregt, sich weiter um die Dokumentationen und Selbstüberprüfung zu kümmern.
Und wir zumindest werden das tun.
Die Broschüre zum 29. Einsteigerprogramm ÖKOPROFIT können Sie hier anschauen: